Margot Käßmann: “Sehnsucht nach Leben”

Konzert und Meditation mit Margot Käßmann und dem Blockflötisten Hans-Jürgen Hufeisen

Kaesmann
14. Juni 2013, 20:00 Uhr
Aula der Realschule am Nonnenkamp
(Wegen des erwarteten Teilnehmerinteresses mussten wir leider unseren gewohnten Veranstaltungsort, die Marienkirche, verlassen)

Der Kulturkreis St. Marien mit der Sprecherin Ursula Bensch und Pfarrer Hofmann aus dem katholischen St. Marien freuen sich auf den Besuch der wohl bekanntesten evangelischen Theologin und sehen einem wichtigen Beitrag zur Ökumene entgegen.

In der Konzertmeditation mit der Blockflötenbegleitung ihres langjährigen künstlerischen Partners Hans-Jürgen Hufeisen orientiert sie sich an ihrem aktuellen Buch „Sehnsucht nach Leben“. Dort schreibt sie über über zwölf grundlegende Sehnsüchte: die Sehnsucht nach Liebe, nach Geborgenheit, nach Freiheit, nach Frieden. Das tiefe Verlangen nach einem Neuanfang, dem Loslassen-Können. Den Wunsch, dass Gott uns einen Engel schickt; dass wir inmitten des Trubels Zeiten der Stille und Oasen des Lebens finden. Dass uns Trost geschenkt wird, wenn wir trauern. Und letztendlich die Grundsehnsucht, die hinter allem steht: Dass es einen Gott gibt, der uns durchs Leben begleitet, wohin wir auch gehen.
Margot Käßmann, die als hoch anerkannte Theologin und mitreißende Predigerin wohl zu den bekanntesten Persönlichkeiten des Landes zählt, ist unserer Einladung nach Dorsten gefolgt. Sie pflegt seit langem eine künstlerische Zusammenarbeit mit dem Musiker und Komponisten Hans-Jürgen Hufeisen, der u.a. als virtuoser Blockflötenspieler ein kreativ schaffender, ein Multitalent ist.
„Oft sind es kleine Schritte, die uns auf den für unser Leben angemessenen Weg führen und uns einem Leben in Fülle immer näher kommen lassen“, ist die promovierte Theologin überzeugt.


 

Die WAZ Dorsten schreibt dazu:

Käßmann und die Virtuosität des Lebens

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„Sehnsucht nach Leben“ war der Abend mit der wohl bekanntesten Protestantin Deutschlands, Margot Käßmann, in der Aula der St. Ursula-Realschule betitelt. Foto:André Elschenbroich

Dorsten. Traum ausgeträumt? Nicht für die wohl bekannteste Protestantin Deutschlands, Margot Käßmann. Die Theologin trat am vergangenen Freitagabend in der St. Ursula-Realschule mit der Konzertmeditation „Sehnsucht nach Leben“ auf. Gemeinsam mit Flötist Hans-Jürgen Hufeisen und Pianist Thomas Strauß macht sie Menschen Mut. Auch wenn Gott alles sieht, was erst mal alles andere als Mut machend klingt.

Morgens noch in Berlin, abends in Dorsten, tritt sie in schwarzem Rock und rotem Blazer auf die Bühne. Die Aula ist ausverkauft. 686 Plätze. „Es ist schon was Besonderes für uns“, sagt Veranstalterin Ursula Bensch vom Kulturkreis St. Marien. „In die Kirche bekommen wir nicht so viele“.

Käßmann verdichtet Realität und Religion zu einem Geflecht. Sie beherrscht die Kunst sprachlicher Virtuosität, sagt: „Die Sehnenden sind wie die Träumenden. Sie denken über Grenzen hinaus. Sie malen Bilder, die über die Wirklichkeit hinausgehen. Sie finden sich nicht ab mit der vermeintlich unveränderbaren Realität. Dabei kann Sehnsucht eine ungeheure Kraft entfalten.“

Hinzu kommt die musikalische Untermalung auf Flöte und Flügel. Virtuos und passend. Die Suche nach Gott ist mit Chaos verbunden, Sturm und Unruhe. Gleichzeitig mit Tiefe. Sehnsucht hat viele Facetten. Hier greift sie Beispiele aus grausamer Realität auf, von Suizid als einzige Lösung bis hin zur Loveparade-Katastrophe. Die Frage: „Wo war Gott, als das passierte?“ Schnell ist eine Leere spürbar, Sinnlosigkeit in all dem Leben. In der harten Wirklichkeit angekommen, schlägt die Theologin jedes Mal den Bogen zu positiven Lebenserfahrungen bis hin zum Glauben und zu Gott.

Stets mit sehr ernsten und leicht humoristischen Passagen aus ihrem eigenen Leben verknüpft. Hufeisens diverse Flöten und der Flügel von Strauß spiegeln die Texte wider, bauen das dramaturgische Element ein. Religiös und frei interpretiert. Filigrane, flüsternde Flötenklänge ertönen aus Hufeisens Instrumenten. Fast ein trippelndes Auf und Ab überraschender Momente. So ist das „Säuseln“ Gottes in der Musik hörbar. Das Publikum applaudiert zwischendurch spontan.

Der Lembecker Zuschauer Werner Kossin bringt es auf den Punkt: „Sie vermittelt Inhalte. Religiös und lebensnah“. Seine Frau Ingrid stimmt ihm zu und ergänzt: „Ich finde, sie ist eine beeindruckende und engagierte Frau“. Wie das Ehepaar wollten manche Gäste die Autorin sicher auch ein Stück weit kennenlernen, einen Einblick in ihr Wirken bekommen. Der ein oder andere entdeckt vielleicht ein wenig von sich selbst in den Worten der Predigerin zwischen Schaffen und Ruhen. Schön verpackt. Vereinzelt schließen Zuhörer ihre Augen, um sich ganz auf die Inhalte zu konzentrieren und die tiefe Botschaft zu verinnerlichen: „Sehnsucht stellt die Frage nach dem Sinn meines Lebens, nach dem, was mich im tiefsten Inneren bewegt. Deshalb ist Sehnsucht auch eine so kreative Kraft, selbst da, wo sie belächelt wird.“

Margot Käßmann hat nachgerechnet, dass jeder Bürger in der Ablenkungsgesellschaft im Durchschnitt 11,6 Lebensjahre vor dem Fernseher verbringt. Die wenigsten werden es dem lieben Gott am Ende ihres Lebens beichten wollen. Die Mutter von vier Kindern hält auch für sich fest: „Das fände ich unangenehm“. Da stellt sich die Frage: „Wo bleibe ich in all dem?“ Es sind Grundfragen, die nach Antworten verlangen. Im Laufe der Zeit schlägt die 55-Jährige verschiedene Kapitel zur Sehnsucht auf – zwischen Trost und Träumen. Denn: „Wer träumt malt Bilder von einer anderen Zukunft“.

Marie-Therese Gewert

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